Bei klassischen Altbauten hat man meist ein Raumthermostat (zB im Wohnzimmer), sowie einfache Ventile an den Heizungen. Das Raumthermostat steuert, ob die Gastherme Heizwasser liefert. Wenn man nun nur im Schlafzimmer heizen will, so muss man das Raumthermostat hochdrehen, die Ventile im Wohnzimmer alle zudrehen und die Ventile im Schlafzimmer aufdrehen… ziemlich aufwendig.
Außerdem ist dies auch wenig komfortabel, da das Thermostat nur zwei Zustände kennt, sind die Heizkörper entweder komplett heiß oder komplett kalt.
Deshalb mein Ziel: Sobald ein Thermostat aufgedreht wird (oder es Heizbedarf bestimmt), soll automatisch die Gastherme angehen. Die Thermostate können hierbei selbstständig die Temperatur regeln und haben somit auch die Möglichkeit, sie leichter auf einen eingestellten Zustand zu halten.
Contents
Vorraussetzungen
Das (alte) Thermostat der Gastherme muss ein On/Off-Thermostat sein
D.h. es existieren zwei Kabel die von der Gastherme an die Anschlussbuchse kommen. Sobald diese zusammengeschlossen werden, geht die Heizfunktion der Therme an (Wasseraufbereitung ist davon ausgenommen). Sobald sie wieder auseinander genommen werden, geht sie aus. Kann einfach überprüft werden, indem man in die Bedienungsanleitung (unter Thermostat verschalten) nachsieht – oder indem man die Buchse einfach öffnet.
Thermostate mit OpenTherm werden leider nicht unterstützt (anders als bei Tado). Hier müsste man wohl eine zusätzliche Platine kaufen und die mit IoBroker oder ähnlichem anbinden.
An der Thermostatbuchse muss eine Phase und ein Neutralleiter vorhanden sein
Da der Schaltaktor von Homematic nur direkt mit Netzstrom arbeitet, muss dementsprechend die Buchse des Thermostats damit bestückt sein. Dies war bei mir nicht der Fall, deshalb habe ich letztendlich nicht die Thermostat Buchse genutzt, sondern den Schaltaktor direkt an der Gastherme installiert (und die Kabel zur Buchse abgesteckt).
Das Thermostat von Tado bspw. arbeitet mit Batterien, deshalb sind die dementsprechenden Leiter nicht notwendig.
Hardware
– Homematic IP CCU2/3 (für diese Anleitung). Es geht aber auch mit der normalen Cloud bridge.
– Homematic (IP) Thermostate
– Homematic IP Schaltaktor 150842A0 HmIP-WHS2 ODER
– Homematic IP Multi IO Box 142988A0 HmIP-MIOB
Das Homematic IP Wandthermostat mit Schaltausgang (150628A0 HmIP-BWTH) geht leider nicht, da es nur einen PWM ausgang hat, der fürs bloße An/Aus Schalten nicht geeignet ist.
Anschluss
Achtung! Arbeiten an elektrischen Anlagen, dürfen nur Fachleute durchführen. Besonders sollte vorher die Sicherung des Hauses bzw. der Wohnung ausgeschaltet werden.
Das alte Raumthermostat wird herausgenommen. Phase, Neutral und Erdleiter werden ganz normal an den Schaltaktor verdrahtet. Die zwei Schaltdrähte der Heiztherme, kommen an den ersten Schaltanschluss des Schaltaktors.
Da bei mir wie gesagt keine Phase/Neutralleiter vorhanden war, hab ich das Raumthermostat bei der Gastherme ganz ausgesteckt und stattdessen Phase und Neutralleiter der Therme verwendet – und die Box eben dort installiert.
Wenn alles korrekt verdrahtet wurde – und von einem Elektriker geprüft wurde – kann man nun das Anlernen in der CCU starten und die Sicherung wieder reinnehmen. Ggf. muss zum Anlernen der Aktor resetet werden, dazu den Knopf am Aktor länger drücken bis er orange Blinkt, loslassen und nochmal 4 Sekunden drücken. Sofort den Anlernmodus starten und warten bis dies erfolgreich war.
Natürlich müssen auch die Heizungsthermostate installiert und angelernt werden.
Konfiguration der CCU via WebUI
Vor der Konfiguration einmal Testen ob der Schaltaktor korrekt die Therme schaltet.
Nun unter Einstellungen -> Systemvariable eine neue Systemvariable Heizbedarf erstellen.
Jetzt muss unter Programme und Verknüpfungen ein neues Programm erstellt werden. Wir fangen an mit dem Program, welches bei Änderung der Variable Heizbedarf, die Therme schaltet.
Auch wird ein zweites Program benötigt. Dies ändert in Abhängigkeit der Ventilstellung der Heizungsthermostate die Heizbedarf Variable. Eine Stellung von 0.01 entspricht 1%. Wenn man statt der CCU die Cloudlösung mit dem Access Point verwendet, dann schaltet diese standardmäßig wenn einer der Heizungsthermostate von 0 auf 0.01 springt. Laut dessen Handbuch, sollte man dies auch nicht Verändern. Um dies in der CCU zu realisieren, muss man ein eigenes Programm erstellen.
In dem neuen Programm, erstellt man Wenn… ODER Bedingungen. Man muss leider jedes Thermostat einzeln auswählen, die Eigenschaft Ventil-Öffnungsgrad verwenden und als Wertebereich zB größer 0.01 auswählen.
Mithilfe von Dann.. muss die Variable auf wahr, mithilfe von Sonst… auf falsch gesetzt werden.
Beim Öffnungsgrad muss man etwas experimentieren.
Ist er zu klein, dann springt die Gastherme an obwohl das Ventil so wenig geöffnet ist, dass der Heizkörper kaum warm wird. Die Effizienz der Therme ist damit recht niedrig und man verschwendet so Energie.
Ist er zu groß, dann wird es unkomfortabel, denn der Heizkörper kennt nur zwei Zustände (sehr heiß und kalt – die Temperatur springt).
Eine Verzögerung in den Programmen einzubauen macht keinen Sinn. Denn der Status der Thermostate aktualisiert sich ohnehin nur jede zwei Minuten. Wenn ihr also nun den Heizkörper aufdreht (bzw. den Boost einschaltet), dann sollte nach spätestens zwei Minuten die Therme anspringen (im Durchschnitt ist es natürlich nur eine Minute).
Fazit
Die Heizung kann nun intuitiv gesteuert werden. Einfach die Thermostate wie gewünscht aufdrehen – und die Gastherme geht von selber an – egal welches Thermostat ich aufdrehe.
Im Vergleich zum Homematic IP Access Point läuft alles ohne Cloud und ist dadurch zuverlässiger. Laut dessen Bedienungsanleitung funktioniert die Ansteuerung der Heizung nicht mehr, sobald das Internet wegfällt. Vermeidbar ist dies nur, wenn man den Schaltaktor direkt mit einem HmIP Wandthermostat verbindet. Mit der CCU vermeidet man das Problem ganz.
Im Vergleich zu Tado, unterstützt Homematic kein OpenTherm. Folglich sind nicht alle Thermen (besonders moderne/hochpreisigere) kompatibel. Leider ist das System ohne OpenTherm ineffizienter, da die Vorlauftemperatur nicht gesteuert werden kann. Ich empfehle die Vorlauftemperatur so niedrig wie möglich einzustellen.
Update (4. Mai 2021)
Die Lösung hat diesen Winter problemlos funktioniert. Jedoch hab ich mit dem Öffnungsgrad experimentiert und ihn sogar auf 0.17 erhöht: Denn mir ist aufgefallen, dass ansonsten die Therme zu oft angeht – ohne dass der Heizkörper wirklich warm wird. Ihn also wie empfohlen auf 0.01 zu belassen ist wahrscheinlich nicht immer die beste Idee.
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